Blaskapelle im Marimba-Fieber
Dirigent Manuel P. Grund (l.) hat aus dem Musikverein-Stadtkapelle ein tolles Konzertorchester geformt.
Lutherhaus: Festkonzert des Musikvereins Stadtkapelle sorgt für stehende Ovationen / José Moreno Romero sorgt für große Virtuosität.
Ein motiviertes Orchester, ein engagierter Dirigent, ein Ausnahmesolist und ein ansprechendes Programm - das sind beste Voraussetzungen für ein außergewöhnliches Konzert. Und weil jemand dafür Danke sagen musste, übernahm dies am Ende der Veranstaltung sichtlich berührt Oberbürgermeister Dr. René Pöltl. "Ein herzliches Dankeschön für diesen tollen Abend, der uns hier im Lutherhaus so beschwingt das Wochenende abgeschlossen hat", lobte er die hervorragende Leistung aller Beteiligten: "Denn was wir hier an Programmvielfalt, an Klangreichtum erlebt haben, war einfach nur großartig."
Unter dem Motto "Durch Zeit und Raum" nahm das Konzert die Zuhörer mit auf eine Reise durch verschiedene Epochen, denn immerhin prägt der Musikverein Stadtkapelle seit 1875 das kulturelle Geschehen Schwetzingens, und auch auf eine Reise um die Welt wie etwa nach Schweden, Frankreich, Dänemark, Nord- oder Südamerika. Einzigartig dabei der Marimba-Solist José Moreno Romero aus Sevilla, der für sein Spiel mit stehenden Ovationen und minutenlangem Beifall gefeiert wurde. Neben OB Dr. René Pöltl konnte der Vorsitzende des Musikvereins, Reiner Vierling, zum 37. Frühlingskonzert anlässlich des Jubiläumsjahrs viel örtliche Prominenz begrüßen, Vertreter befreundeter Vereine sowie eine große Zahl von Ehrenmitgliedern.
An die Plätze der Stadt erinnert
Im Eröffnungsstück "Belvedere" von Klaus Peter Bruchmann formulierte die Stadtkapelle eine klare Botschaft: Hommage an Schwetzingen mit all seinen schönen Plätzen und Orten. Denn "Belvedere", so Moderator Simon Abraham, der die musikalischen Darbietungen informativ und unterhaltsam erklärte, bedeute soviel wie "schöne Aussicht". Das Orchester gab diese Komposition wie auch all die anderen auf einem Niveau wieder, dass man nur staunen konnte: über das Risiko, den Mut und die Lebendigkeit der Interpretation. Man kann tatsächlich von einem Glücksfall sprechen, dass die Stadtkapelle von einem Profimusiker wie Manuel P. Grund geleitet wird. Besonders schlüssig geriet das Edith-Piaf-Medley, hier konnte sich die Farbpracht des Bläserensembles richtig entfalten.
Eine erstaunliche Palette an Stimmungen und dynamischen Schattierungen war bei den Songs aus dem Musical "Les Miserables" zu erleben und in Camille Saint-Saëns "Karneval der Tiere" merkte man den äußerst feinen Sinn für Humor. Mit dem "Champagner-Galopp" des Dänen Hans Christian Lumbye begab sich Grund in die Gefilde eines Wiener Neujahrskonzert und entpuppte sich als stilistischer Alleskönner.
Zum Höhepunkt des Abends geriet zweifelsfrei die Aufführung des "Konzerts für Marimba und Blasorchester" des Brasilianers Ney Rosauro - für Orchestermitglieder und Dirigent eine besondere Herausforderung. Der spanische Marimba-Star José Moreno Romero ließ in den vier Sätzen eine unglaubliche Virtuosität erkennen. Nicht umsonst ist er mit seinen 30 Jahren Professor und unterrichtet an verschiedenen Hochschulen. Die tänzerische, temperamentvolle Art, wie er an der Marimba agiert, war auch optisch eine Freude. Begeisterung, Herzlichkeit und stürmischer Applaus schlug danach der Stadtkapelle und ihrem Akkordeonisten beim "Libertango" von Astor Piazzolla entgegen sowie beim "Spanish Fever" von Jay Chattaway.
Die Stimmung zum Kochen brachten die Zugaben. Das Publikum erhob sich und sang beim "Badener Lied" so professionell mit, als gehöre es zum Orchester. Beim Hinausgehen hörte man Besucher ausrufen: "Ausgezeichnet, wunderbar!"
© Schwetzinger Zeitung, Mittwoch, 09.03.2016 / Von unserer Mitarbeiterin Maria Herlo